Thomas Leisner

Über Schönheit und gute Ideen
March 19th, 2014 by Thomas Leisner

Drei-Achsen-Modell Handhaltung

Das Drei-Achsen-Modell der Handhaltung zeigt das Spektrum der Möglichkeiten Stöcke zu halten wenn man Schlagzeug spielt. Es gibt dabei drei grundlegende Faktoren zu beachten, die sich jeweils auf einer Achse zwischen zwei Extremen bewegen.

Ich habe jeden dieser drei Faktoren auf eine Achse eines Würfels gesetzt um ihre Interaktionen zu visualisieren. Der linke Würfel steht für die linke Hand, der rechte entsprechend für die rechte Hand. So wie unsere Hände symmetrisch sind, kann auch alles was mit Haltung oder Bewegung des Stockes in der Hand zu tun hat auf die jeweils andere Seite gespiegelt werden.

Mit der Maus kannst Du über die Punkte gehen, die die Extreme der drei Achsen repräsentieren, um den Griff des Stockes an dieser Position zu sehen. Die Punkte stellen dabei nur die Extreme dar. Dazwischen spielt sich eine Mischung der drei Faktoren ab, die man sich an jedem Punkt innerhalb des Würfels vorstellen kann und die sich während des Spielens fließend ändern kann.

Die drei Achsen sind:

  1. Achse A: Die Richtung des Stockes, zwischen “nach innen” (an der Innenseite des Würfels) und “nach außen” (an der Außenseite des Würfels).
  2. Achse B: Der Griff des Stockes, zwischen “fest” (an der Oberseite des Würfels) und “locker” (an der Unterseite des Würfels).
  3. Achse C: Der Drehpunkt des Stockes, zwischen “hinten” (an der Vorderseite des Würfels) und “vorne” (an der Rückseite des Würfels).

Einige interessante Punkte zu den drei Achsen:

  1. Die Richtung des Stockes ist der offensichtlichste und wichtigste Faktor, da sie die Rotationsrichtung im Handgelenk ändert, und verbunden damit auch die für den Schlag verwendeten Muskeln. Die Haltung “nach innen” (zur Mitte des Körpers hin) ist auch als “Deutsche Haltung” bekannt und funktioniert hauptsächlich durch eine Aufwärts- und Abwärts-Rotation der Hand im Handgelenk um die Querachse des Unterarmes (ein Kippen der Hand nach oben oder unten). Die Position “nach außen” (von der Mitte des Körpers weg) ist auch als “Französische Haltung” bekannt und funktioniert hauptsächlich durch eine Aufwärts und Abwärts-Rotation der Hand im Handgelenk um die Längsachse des Unterarmes (ein Drehen der Hand nach innen oder außen).
  2. Der Griff des Stockes kann zwischen fest und locker variieren, wobei der Stock in fester Haltung zur Handfläche hin hoch gezogen und in lockerer Haltung von der Handfläche weg hängen gelassen wird. Beim festen Halten werden die Finger um den Stock gewickelt und an die Handfläche gepresst, was einen “kompakteren” Sound gibt und normalerweise mit größerer Aktivität des Handgelenkes verbunden ist. Beim lockeren Halten werden die Finger gestreckt und der Stock von der Handfläche weg gehalten, was einen “offeneren” Sound gibt und normalerweise mit größerer Aktivität der Finger verbunden ist.
  3. Der Drehpunkt des Stockes ist der Punkt, an dem die Finger den Stock am festesten halten und um den der Stock sich dreht wenn er sich auf und ab bewegt. Man kann diesen Punkt zum hinteren Teil des Stockes oder der Hand hin bewegen, indem man den Stock vorwiegend zwischen Daumen und Mittelfinger hält. Man kann ihn zum vorderen Teil des Stockes oder der Hand hin bewegen, indem man den Stock vorwiegend zwischen Daumen und Zeigefinger hält. Beachte dabei, dass es am Stock nur einen Punkt mit optimalem Rebound gibt. Wenn wir annehmen, dass Du den Stock an diesem Punkt hältst, dann bekommst Du Geschwindigkeit indem Du den Drehpunkt in der Hand nach hinten verschiebst (Mittelfinger), während Du Kraft bekommst indem Du den Drehpunkt in der Hand nach vorne verschiebst (Zeigefinger). Wenn wir annehmen, dass Du die Position des Stockes in der Hand nicht veränderst, dann bekommst Du Kraft, wenn Du den Drehpunkt nach hinten verschiebst, hinter den optimalen Punkt des Stockes, während Du Geschwindigkeit bekommst indem Du den Drehpunkt nach vorne verschiebst, vor den optimalen Punkt des Stockes. Beachte auch, dass der Drehpunkt in den Fingern nur das erste Gelenk in der Kette ist, vor dem Handgelenk, dem Ellenbogen und der Schulter. Indem man die Energie aus einem höheren Gelenk holt (Richtung Schulter), bekommt man mehr Kraft. Wenn man die Energie aus einem niedrigeren Gelenk holt (Richtung Finger), bekommt man mehr Geschwindigkeit.

 

Comments

2 Responses to “Drei-Achsen-Modell Handhaltung”
  1. Hallo Thomas,

    habe Deinen Abschnitt zur Handhaltung gelesen, den ich sehr interessant und sehr gelungen präsentiert finde!!

    Als Bewegungswissenschaftler und Dozent mit dem Schwerpunkt der Biomechanik und Motorik sind mir ein par Anmerkungen eingefallen, die vielleicht hilfreich sein könnten….

    Unter (1) Richtung des Stocks schreibst Du zur “deutschen Haltung”: “…Auf- und Abkippen der Hand um die Querachse des Unterarmes im Handgelenk.” – Vielleicht ist es hier sinnvoll, von einer Innen- und Außenrotation des Handgelenks bzw. des Unterams im Ellbogengelenk zu sprechen, wobei der Schlag selsbt durch die Innenrotation ausgelöst wird.

    Bei der “französichen Haltung” handelt es sich dagegen um eine Beugung und Streckung des Handgelenks, wobei der Schlag durch die Beugung ausgelöst wird… (mal davon ausgegangen, dass die Finger der Hand in der Extremsituation gar nicht verwendet werden würden…)

    Abschnitt 3 gefällt mir extrem gut. Ich find’s super erklärt, präzise, einfach, treffend… würde ich mir von einigen Wissenschaftlern auch so wünschen….

    Beste Grüße,

    Lars

    • Thomas Leisner says

      Hallo Lars,

      danke für Deinen freundlichen und fundierten Kommentar! Es ist schön zu hören, dass ein Beitrag so wertgeschätzt wird. Ich habe eine Weile darüber nachdenken müssen, wie ich die Sache eigentlich genau verstehe, um Dir bewusst antworten zu können.

      Damit wir im Dialog nicht durcheinander kommen muss ich Dich vorab kurz dahingehend korrigieren, dass die “Deutsche Haltung” (Stock nach innen) auf dem (wie ich es nenne) Kippen (um die Querachse des Unterarmes) basiert und die “Französische Haltung” (Stock nach außen) auf der (wie ich es nenne) Drehung (um die Längsachse des Unterarmes). Ich glaube da hast Du nur die Bezeichnungen vertauscht.

      Davon abgesehen hast Du natürlich völlig recht dass sich in der “Französischen Haltung” eigentlich der Unterarm um seine Längsachse dreht, und nicht das Handgelenk. Das Handgelenk folgt also nur der Drehung des Unterarmes. Andere Schlagzeuger sprechen deshalb auch davon, dass man in dieser Haltung aus dem Unterarm spielt. Dabei handelt es sich genau genommen ja gar nicht um eine Rotation des Unterarmes, sondern um eine Verwindung, die im Ellenbogen zu einer minimalen und im Handgelenk zu einer maximalen Rotation führt.

      Ich habe das Gefühl, und ich benutze mal bewusst diesen unwissenschaftlichen Ausdruck, dass die ziemlich komplexen Bewegungszusammenhänge leichter erklärbar und verständlich werden, wenn man sich diese Drehung um die Längsachse im Unterarm – nicht ganz korrekt – als Drehung im Handgelenk vorstellt. Man stellt sich das Handgelenk also als ein Kugelgelenk vor, mit dem die Hand sowohl auf-und-ab als auch nach-innen-und-nach-außen gedreht werden kann.

      Diese Betrachtungsweise hat in der Praxis den Vorteil, dass man die Drehungen im Handgelenk, die sich ja beide auf die Hand auswirken, auch direkt an der Hand beobachten und zuordnen kann. Und, dass man, nach der recht komplexen Analyse der Abläufe in der Hand mit den Gelenken “Finger” und “Handgelenk”, die oberen Gelenke “Ellenbogen” und “Schulter” auf einfache Auf- und Ab-Rotationen reduzieren kann, die kaum erklärt zu werden brauchen obwohl die Möglichkeiten dort eigentlich ja auch sehr vielfältig und komplex sind.

      Ich denke, ich werde deshalb dieses Modell beibehalten, kann aber jetzt vielleicht durch Deine Anregungen bessere Begriffe dafür finden. Mir gefällt die Formulierung “Innen- oder Außenrotation des Handgelenkes” total gut! Vielleicht kann ich entsprechend eine “Innenrotation und Außenrotation der Hand” für die Französische Haltung und eine “Aufwärtsrotation und Abwärtsrotation der Hand” für die Deutsche Haltung verwenden. Mein Begriff des “Kippens” (oder “Klappens”) der Hand gefällt mir nämlich selbst nicht so richtig, und Deinen Vorschlag der “Beugung und Streckung des Handgelenkes” finde ich in meinem Zusammenhang auch nicht so richtig überzeugend.

      Danke jedenfalls noch mal für Deine Anregungen. Mir ist da wieder manches klarer geworden, und da lässt sich sicher was verbessern! Ich gehe jetzt gleich noch mal über meinen Text. :-)

      Viele Grüße,

      Thomas

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